Freimaurer in Perleberg

Wir Freimaurer in der Prignitz schauen auf eine lange, weil mehr als 190jährige, und zugleich kurze Geschichte zurück: Erst am 18. Mai 2019 wurde wieder das Licht in unserer Loge eingebracht. Mittlerweile gibt es wieder aktive Freimaurer in Perleberg!

Logensiegel
Unser Logensiegel

Die erste Gründung 1829

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts hatten viele Männer den Wunsch, in die Gemeinschaft der Freimaurer aufgenommen zu werden, so auch in der Prignitz: In Havelberg, das früher zur Prignitz gehörte, wurde 1803 die Freimaurerloge „Zum Tempel der Freundschaft und Wohltätigkeit“ gegründet, der jedoch über 23 Brüder aus dem Perleberger Raum angehörten. In der Festschrift von 1878 liest sich der Bericht so:

Mehrere Brüder haben 1828 den Wunsch geäußert, daß hier in Perleberg eine Loge constituirt werden möchte, weil die Städte, in denen bereits Logen existiren, zu entfernt sind, um ohne nicht unbedeutenden Kostenaufwand sie besuchen zu können. […] Mit diesem Circular war der erste Schritt zur Gründung einer Loge in Perleberg gethan, und 18 Brüder erklärten durch Namensunterschrift ihre Bereitwilligkeit zum Beitritt zu der neuen Loge. Am 3. Dezember 1828 traten 9 Brüder im Hause des Br. Fritze in Perleberg zusammen, um über die weiteren Schritte zu berathen und beschlossen das Vorgehen.

Festschrift von 1878

Die neue Loge sollte den Namen „Zur Perle am Berge“ führen, zu der die offizielle Bestätigung durch die Großloge am 3. März 1829 erteilt wurde. Aus der aufgelösten Rathenower Loge wurde die Logenausstattung übernommen. Im Jahre 1836 war die Mitgliederzahl bereits auf 45 Mitglieder gestiegen. Durch Mitgliederschwund, wirtschaftliche und andere Probleme kam es jedoch am 28. Juni 1844 zur Auflösung der Loge.

Neugründung 1866

Am 13. September 1866, 22 Jahre nach der Inaktivstellung, versammelten sich 10 Brüder und vereinbarten die Reaktivierung der Loge.

Es läßt sich ferner annehmen, daß die Vorverhandlungen hauptsächlich durch den Bruder Hartung, welcher Ostern 1866 als Rektor der Höheren Töchterschule nach Perleberg gekommen war, in Fluß gekommen sind.

Festschrift von 1878

1871 betrug die Mitgliederzahl bereits wieder 17 Brüder Freimaurer und im Jahre 1872 konnten 7 Suchende als Lehrlinge aufgenommen werden. Im Jahre 1873 gestatteten die Verhältnisse dann bereits, die von den Stiftern gewährten zinsfreien Darlehen zurückzuzahlen.

Als Konstante für die Zusammenkünfte wurde das Perleberger Hotel „Stadt Berlin“ genutzt, dessen Saal durch den Aufwuchs der Brüder Freimaurer mehrfach vergrößert und umgebaut werden musste.

Das Logenhaus 1909

Bereits 1880 hatte man einen Logenhausfonds eingerichtet, um auf ein eigenes Haus zu sparen. Im Jahresbericht 1907/1908 (unsere Loge umfasste damals ca. 100 Freimaurer!) schreibt der Meister vom Stuhl Bruder Nickel:

In unserer geliebten Loge „ZPaB“ traten im verflossenen Logenjahr die äußeren Verhältnisse sehr in den Vordergrund. Der Ankauf des Wolfschen Gartens (Bauplatz) kostete 8.748,77 Mark. Die Baupläne orientierten sich an denen in Finsterwalde, Lüneburg und Neubrandenburg.

Jahresbericht des Meister vom Stuhl, Bruder Nickel

Ein Entwurf des deutschen Logenhausbaumeisters Techow fand zwar den Beifall der Freimaurer in Perleberg, die Kosten von 74.000 Mark konnten jedoch nicht aufgewendet werden, sodass eine Bau- und Finanzkommission gebildet wurde, um trotzdem den Bau eines eigenen Logenhauses zu realisieren. Bruder Max Viereck und andere überarbeiteten den Entwurf, sodass die Kosten für das Haus sich auf 38.000 Mark reduzierten.

Am 23. Mai 1908 wurde der Grundstein gelegt und am 24. August wurde bereits Richtfest gefeiert. Am 20. Mai 1909 (Himmelfahrt) wurde das Haus schließlich eingeweiht. Im Jahresbericht 1908/1909 schreibt MvSt Bruder Nickel:

Am 20. Mai war wohl das schönste Fest seit Bestehen der Loge: Es versammelten sich 120 Brüder, unter anderem aus Berlin, Brandenburg, Hamburg, Havelberg, Kyritz, Lichterfelde, Magdeburg, Neuruppin, Steglitz, Stendal und Wittstock.

Jahresbericht des Meister vom Stuhl, Bruder Nickel
Münze zur Hauseinweihung
Gedenkmünze zur Hauseinweihung

Den Berichten zufolge war das Logenhaus neben dem eigentlichen Zweck auch Bestandteil des kulturellen Lebens in der Prignitz: Neben einer umfangreichen Bibliothek lud man bekannte Künstler, wie z.B. die Opernsängerin Lotte Lehmann, zu Veranstaltungen in das Logenhaus ein. Die Freimaurerei entwickelte sich im neuen Logenhaus kontinuierlich weiter: Trotz des 1. Weltkriegs und der nachfolgenden Inflationsjahre gab es im Jahr 1930 insgesamt 107 Brüder Freimaurer in Perleberg.

Neben den offiziellen Logenterminen in Perleberg gab es regional kleinere Zusammenschlüsse der Freimaurer, um auch außerhalb von regulären Arbeiten der Freimaurerloge das brüderliche Beisammensein zu pflegen: Logenverein in Wittenberge, Logenkränzchen in Pritzwalk und Klubabende in Perleberg zeugen vom lebhaften Logenleben.

Die dunkle Zeit

Durch die Machtübernahme der Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 änderte sich schlagartig die Situation der Freimaurer und somit auch die unserer Loge „Zur Perle am Berge“. Ein Runderlass, der sogenannte Göring-Grauert-Erlass vom 04.01.1934, verpflichtete die Logen in aller Deutlichkeit zur Auflösung und Liquidation. Die Zwangsauflösung unserer Loge fand folglich am 2. Juli 1935 statt. Der Verbleib der Logenutensilien, Dokumente und auch der genannten Bibliothek ist bislang noch ungeklärt.

Nachkriegszeit bis zur Wiedervereinigung

Durch die geänderten politischen Verhältnisse nach dem 2. WK gingen alleine unserer Großen National-Mutterloge „Zu den drei Weltkugeln“ 159 Tochterlogen verloren: 44 in den ehemaligen Ostgebieten, 47 im westdeutschen Raum und 58 auf dem Gebiet der damaligen DDR.

Ein versuchter Neuanfang 1993

Mit der Vereinigung beider Teile Deutschlands stellte sich unsere Mutterloge der Aufgabe, in den neuen Bundesländern die dort ruhenden Logen zu neuem Leben zu erwecken. Die Brüder der Hamburger Loge „Vom Fels zum Meer“ gründeten am 14. Juni 1993 von Hamburg aus die Freimaurerloge „Phoebus Apollo“ in Güstrow und in zeitlicher Nähe ebenfalls unsere Loge.

Während die Entwicklung der Güstrower Loge von Erfolg gekrönt war, gelang es damals nicht, wieder Freimaurer in Perleberg zu gewinnen. Die Gründe mögen vielfältig sein, die genauen Umstände sind leider noch nicht bekannt. Dieses wird aktuell durch unsere Geschichtsinteressierten Brüder Freimaurer zusammen mit dem Großarchivar unserer Mutterloge erforscht. Dazu gehört es aber auch, die betreffenden Dokumente in den Archiven aufzufinden.

Gedenktafel
Gedenktafel an der Effi, die auf den Hintergrund des Hauses hinweist.

Der Neuanfang 2018

Nach einem Vorort-Besuch durch den Vorstand der Weltkugelstiftung in Perleberg, um das per Erbpacht an die Stadt vermietete Logenhaus zu besichtigen, reifte der Gedanke, einen neuen Versuch zu unternehmen, unsere Freimaurerloge wiederzubegründen. Dabei hatte als Ideengeberin auch unsere Bürgermeisterin, Annett Jura, einen Anteil. Zusammen mit der Freimaurerloge „Phoebus Apollo“ organisierte unsere Mutterloge eine Vortragsreihe: „Die Freimaurerei in Deutschland und Perleberg“. Einige Besucher nutzten die Gelegenheit, sich bei Gästeabenden weiter zu informieren, sodass sie schließlich den Willen bekundeten Freimaurer in Perleberg zu werden: Am 22. Juni 2018 wurde der erste Suchende bei der Freimaurerloge „Phoebus Apollo“ in die Reihen der Freimaurer aufgenommen, weitere Brüder folgten – allesamt mit dem erklärten Ziel, mit Wiederbegründung Freimaurer in Perleberg zu sein.

Bild im Osten des Tempels
Altarbild im Osten unseres Tempels

Der 18. Mai 2019 war schließlich der langersehnte Tag: Im alten Logenhaus wurde die feierliche Wiederbegründung durch die Lichteinbringung vollzogen. Ein für die damals anwesenden Freimaurer unvergessliches Erlebnis: Rund 90 Freimaurer, darunter der Großmeister der VGlvD Christoph Bosbach und unser Nationalgroßmeister Thomas Engel, und zahlreiche profane Gäste – zumindest beim vorgelagerten Empfang – erlebten diesen Festakt. Der Vorstandsvorsitzende der Weltkugelstiftung, Bruder Johannes Münch, der jetzige Meister vom Stuhl unserer Freimaurerloge gab bei seiner Festrede anlässlich der Lichteinbringung einen sehr guten Überblick neben der Historie unserer Loge auch über die bedeutenden Freimaurer in Perleberg.

Die ersten Aufnahmen direkt für unsere Freimaurerloge erfolgten Anfang September 2019. Mittlerweile sind wir 6 neuaufgenommene Brüder (Lehrlinge und Gesellen) aus der Prignitz sowie 8 Mitglieder im Meistergrad aus Berlin und Güstrow.

Erinnerungstafel
Tafel in der Effi, die an die Hauseinweihung am 20. Mai 1909 erinnert.

Unser Logenhaus 2019

Mit Rückübereignung des Logenhauses an die Weltkugelstiftung wurde das Haus an die Stadt Perleberg verpachtet. Es dient heutzutage als Freizeit- und Jugendzentrum, genannt „Effi“. Diese Verwendung ist für uns eine große Freude, das vielfältige Leben der Kinder- und Jugendarbeit zu erleben, ist es doch durchaus im Sinne unserer Vorgänger und Stifter! Wir selber dürfen die Räumlichkeiten als Freimaurerloge entsprechend nutzen, sodass eine wunderbare Synergie aus dem bunten / lebhaften Alltag und unserer ernsthaften, besinnlichen Arbeit an unserem rauen Stein entsteht.

Logenhaus „Effi“
Unser Logenhaus

Fazit

Seit Gründung unserer Freimaurerloge „Zur Perle am Berge” vor mehr als 190 Jahren hat unsere Bauhütte alle Höhen und Tiefen erlebt. Trotzdem hielten die Brüder Freimaurer zu allen Zeiten zusammen, z.B. im 1. Weltkrieg, der großen Inflation und Arbeitslosigkeit, dann in den Jahren 1933-1945 mit dem schrecklichen 2. Weltkrieg. Wir werden weiterhin bemüht sein, zusammenzustehen und weiter am „rauen Stein“ zu arbeiten. Unsere freimaurerischen Ziele werden wir nicht aufgeben.

Logenbijou
Das Bijou unserer Freimaurerloge „Zur Perle am Berge“

Haben wir Sie mit der Geschichte unserer Freimaurerloge neugierig gemacht? Haben Sie Interesse uns näher kennenzulernen? Gerne laden wir Sie zu unseren offenen Veranstaltungen ein.

Auch Freimaurer sind bestrebt, im Sinne der Weitergabe der freimaurerischen Ideale neue Mitglieder zu gewinnen. Wenn Sie sich grundsätzlich vorstellen könnten, Freimaurer in Perleberg zu werden, scheuen Sie sich nicht, uns kennenzulernen. Dazu müssen Sie jedoch den ersten Schritt gehen: Nehmen Sie Kontakt zu uns auf!